Manchmal können selbst genaue Informationen ziemlich in die Irre führen. So war es auch im Fall meines Urgrossvaters Karl Vatter. Er wird auf Dokumenten aus den 1930er Jahren mehrfach als «Landwirt aus Ober-Rzepsch Nr. 8» erwähnt. Ober-Rzepsch, andere Schreibweise Ober-Řepsch, tschechisch Horní Řepčice, liegt etwa 10 km östlich von Leitmeritz. Als unerfahrener Anfänger meinte ich natürlich, dies sei sein Geburtsort und machte mich im Archiv in Leitmeritz hoffnungsfroh auf die Suche. Leider ohne Erfolg.
Schlagwort: Böhmen
Mein Alturgrossvater (4mal Ur-) in der Stammlinie hiess laut Taufeintrag Joannes Wenceslaus Lincke. Er wurde 1775 in Töschen, einem Dorf südwestlich von Dauba, geboren. Sein Vater Franciscus Lincke war dort Bauer auf dem Hof Nr. 42. Die Mutter hiess Anna Elisabeth geb. Wodizin und stammte aus einem Ort, der als «Dobrosin» angegeben ist. Wie es oft vorkommt, lässt sich auch dieses Kaff nirgends finden, jedenfalls nicht in dieser Schreibweise. Schaut man sich aber die Landkarte dieses Gebiets genauer an, so fällt der Blick auf einen Ort namens Dobřin (tschechisch Dobřeň), der nur ein paar Kilometer südlich von Töschen liegt.
Immer wieder hört und liest man Formulierungen wie diese: «Ich suche Familie X aus Leitmeritz, heute Litoměřice.» Oder: «Meine Vorfahren kommen aus dem ehemaligen Reichenberg, jetzt Liberec.» Da herrscht offenbar der Eindruck, Orte seien über Nacht umbenannt worden und es gebe somit einen «früheren» sowie einen «heutigen» Namen. Das trifft aber auf Böhmen so gut wie gar nicht zu. Jahrhundertelang bestanden und entwickelten sich deutsche und tschechische Ortsnamen nebeneinander, und jeder Bewohner verwendete ganz natürlich die Namensform in seiner eigenen Sprache.